Ich will gar nicht sein wie die anderen,
sondern mich in meiner Art ernst nehmen
und so von mir aus zur Gemeinschaft beitragen.
Gerade durch respektierte Vielfalt ‚lebt‘ die Gemeinschaft.
Hannah Arendt (1906 – 1975)
Ich will gar nicht sein wie die anderen,
sondern mich in meiner Art ernst nehmen
und so von mir aus zur Gemeinschaft beitragen.
Gerade durch respektierte Vielfalt ‚lebt‘ die Gemeinschaft.
Hannah Arendt (1906 – 1975)
Im Jahre 2005 wurde aus der „Städtischen Gesamtschule Soest“ die „Hannah-Arendt-Gesamtschule“. Warum hat sich die Schulgemeinschaft dazu entschlossen, sich gerade nach der jüdischen Philosophin Hannah Arendt zu benennen?
Hannah Arendt wird 1906 als einziges Kind von Paul Arendt und Martha Cohn in Hannover-Linden geboren. Sie wächst nach dem Umzug der Familie in Königsberg auf. Beide Elternteile stammen aus wohlhabenden jüdischen Familien. Dennoch spielt der jüdische Glaube keine Rolle in der Familie. Der Vater ist Ingenieur, die Mutter hat in Paris Französisch und Musik studiert. Ihre Eltern sind politisch sehr interessiert und sympathisieren mit sozialistischen Ideen.
Auch wenn Hannahs Kindheit vom frühen Tod ihres Vaters überschattet wird, ist ihre Kindheit und Jugend von großem familiärem Zusammenhalt und Offenheit geprägt. Die Arendts begegnen aber auch dem wachsenden Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft.
Die junge Hannah Arendt ist ein sehr selbstbewusstes und wohl auch herausforderndes Kind. So wird sie nach einer Auseinandersetzung mit einem Lehrer von der Schule verwiesen. Dennoch gelingt es ihr, insbesondere durch den Einsatz ihrer Mutter, 1924 (sogar ein Jahr vor ihren ehemaligen Klassenkameraden) ein brillantes Abitur abzulegen.
Es folgt das Studium der Fächer Philosophie, Theologie, Latein und Griechisch in Berlin, Marburg, Freiburg und Heidelberg. Sie lernt bei den großen Lehrern ihrer Zeit, bei Heidegger, Husserl und Jaspers, die den Wissensdurst und die intellektuelle Begabung der herausragenden Studentin, aber auch ihre Streitbarkeit und ihr scharfes Urteilsvermögen schätzen. Die Auseinandersetzung mit den philosophischen Ideen ihrer Lehrmeister, zu denen sie enge, aber durchaus komplizierte Beziehungen unterhält, prägen Hannah Arendts Denken und ihre wissenschaftliche Arbeit.
Bereits früh erkennt Hannah Arendt, die sich ihrer jüdischen Wurzeln zunehmend bewusst wird und mit zionistischen Ideen sympathisiert, die Gefahr durch den Aufstieg der Nazis: Sie verlässt Deutschland 1933 und geht ins Exil nach Paris. Als der 2. Weltkrieg ausbricht, werden die deutschen Emigranten inhaftiert. Ihr gelingt die Flucht aus dem Lager und sie gelangt 1941 unter abenteuerlichen Umständen in die USA. Dort lebt sie, ab 1951 als US-Staatsbürgerin, bis zu ihrem Tod im Jahre 1975, wobei sie sehr häufig nach Deutschland zurückkehrt und sich dort insbesondere mit den Nachwirkungen des Naziregimes beschäftigt.
Nach dem Krieg forscht und lehrt Hannah Arendt als Professorin an namhaften amerikanischen Universitäten wie dem Brooklyn College, der Princeton University und der University of Chicago. Sie setzt sich mit der Existenzphilosophie auseinander, nimmt Stellung zum Zionismus und der Gründung des jüdischen Staates, besonders aber forscht und schreibt sie zu den Formen totaler Herrschaft im 20. Jahrhundert.
Anfang der 60er Jahre nimmt Hannah Arendt als Beobachterin am Prozess gegen den Nazi-Verbrecher Adolf Eichmann in Jerusalem teil und verfasst ihr wohl bekanntestes und am heftigsten diskutiertes Buch „Eichmann in Jerusalem“, das den Untertitel „Ein Bericht von der Banalität des Bösen“ trägt.
Am 4. Dezember 1975 stirbt Hannah Arendt im Kreis von Freunden an einem Herzinfarkt. Ihre Asche ist neben der ihres Mannes Heinrich Blücher auf dem Friedhof des Bard College in New York begraben.
Hannah Arendt steht als Philosophin und Beobachterin der ideologischen, politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen ihrer Zeit für geistige Unabhängigkeit und Unerschrockenheit. Mit ihren oft unbequemen Ideen hat sie den Menschen ihrer Zeit immer wieder Denkanstöße gegeben. Hannah Arendt hat immer den Menschen in den Mittelpunkt gestellt und ist nie, wie viele Denker ihrer Generation, der Faszination der Macht erlegen. Der Satz „Niemand hat das Recht zu gehorchen“ bringt die Verantwortung des Einzelnen und die Notwendigkeit selbstständigen und kritischen Denkens, wie es Hannah Arendt einfordert, auf den Punkt. Wir sind überzeugt, dass uns Hannah Arendt gerade in unserer heutigen Zeit, in der Populismus und Politikverachtung wachsen, immer noch viel zu sagen hat.
Unsere Namensgeberin ist auf vielfältige Weise in unserer Schule präsent: Bilder und Zitate Hannah Arendts finden sich an vielen Orten auf unserem Schulgelände und in den Gebäuden. Durch die Berücksichtigung in den Lehrplänen einiger Fächer wie Deutsch, Philosophie, Gesellschaftslehre, Geschichte und Erziehungswissenschaft lernen unsere Schülerinnen und Schüler das Leben und Denken Hannah Arendts kennen.
Wir fühlen uns den Werten Hannah Arendts verpflichtet, was unter anderem auch durch unserer engagierte Mitgliedschaft im Schulnetzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ zum Ausdruck kommt.
In jedem Schuljahr findet unser „Hannah-Arendt-Frühlingsfest“ statt. Ursprünglich als „Hannah-Arendt-Abend“ am Geburtstag der Philosophin am 14. Oktober abgehalten, treffen sich Lehrerkollegium, Schülerschaft und Eltern nun an einem Frühlingsabend in der Woche vor den Osterferien, um in großer Runde die Schulgemeinschaft zu feiern. Dabei werden von Schülerinnen und Schülern und Lehrerinnen und Lehrern kulturelle Darbietungen geboten, die größtenteils aus Projekten innerhalb des Unterrichts oder in außerunterrichtlichen Arbeitsgemeinschaften entstanden sind. Viele Schülerinnen und Schüler tragen darüber hinaus auch mit ihren individuellen Talenten zum Gelingen des Abends bei.
„Ich will gar nicht sein wie die anderen, sondern mich in meiner Art ernst nehmen und so von mir aus zur Gemeinschaft beitragen. Gerade durch respektierte Vielfalt lebt die Gemeinschaft“: In Anlehnung an dieses Hannah-Arendt-Zitat soll der Abend die bunte Vielfalt und das harmonische Zusammenleben und -arbeiten an unserer Schule zum Ausdruck bringen.