Digitale Medien sind aus dem normalen Alltag nicht mehr wegzudenken, fast jeder benutzt sie, bzw. muss im privaten Leben oder beruflichen Alltag mit ihnen umgehen. Der Herausforderung, den Jugendlichen frühzeitig und sinnvoll den Umgang mit diesen Medien zu lehren, stellt sich seit einiger Zeit die Soester Hannah-Arendt-Gesamtschule.
Um den Ansprüchen gerecht zu werden und alles auf noch auf eine breitere Basis zu stellen, arbeitet die Gesamtschule mit der Universität Kassel zusammen, namentlich mit Felix Woitkowski. Der Linguist erforscht, wie Schülerinnen und Schüler der Oberstufe in den Fächern Biologie und Deutsch softwaregestützte Präsentationen vorbereiten und durchführen. „Das Präsentieren gehört heute einfach zu Schulalltag, Studium und Beruf dazu“, erklärt er. „ In mehreren Bundesländern sind Präsentationsprüfungen auch zu einem festen Bestandteil des Abiturs geworden. Wir wissen allerdings viel zu wenig darüber, wie wir Schülerinnen und Schüler auch in diesem Bereich richtig fördern können.“
Deshalb hat er eine Kamera und Mikrophone in die Schule mitgebracht und richtet sie auf die arbeitenden Schülerinnen und Schüler. Insgesamt hat Woitkowski die Arbeit von sieben Schülertandems aufgezeichnet und wird diese wissenschaftlich auswerten. Eines dieser Duos bilden Anna Müller und Jan Thomas aus der Q 1, die eine Präsentation für ihren Biologie-Grundkurs vorbereiten. Das Thema stammt aus dem Feld der Genetik. Das Material ihrer Lehrerin Kristin Bühner haben sie schon durchgearbeitet. Nun durchforsten sie das Internet, um ihre Erläuterungen besser veranschaulichen zu können, z. B. mit einer passenden Grafik. Innerhalb des Forschungsprojektes wird alles, was sie sagen und tun, aufgezeichnet.
Über drei Stunden dauert es, eine Präsentation in Partnerarbeit vorzubereiten. Dazu müssen Anna und Jan die bereitgestellten Texte lesen und auswerten, im Internet recherchieren, aussagekräftige von ungeeigneten Quellen unterscheiden. Parallel dazu schreiben sie Karteikarten und erstellen digitale Folien mit einem Präsentationsprogramm, die ihre Darstellung visuell unterstützen sollen. Die spätere Präsentation vor der Kamera dauert eine Viertelstunde.
„Für uns als Schule ist dieses Forschungsprojekt ein Glücksfall“, sagt Michael Morth, der das Projekt als Lehrer begleitet und für die Entwicklung des Medienkonzepts zuständig ist. „Bislang haben wir vor allem die Ergebnisse der Schülerarbeiten sehen und beurteilen können; jetzt erhalten wir – auf freiwilliger Basis – einen wissenschaftlich abgesicherten Einblick in den Arbeitsprozess selbst. So können wir im Unterricht gezielter entsprechende Kompetenzen vermitteln und fördern – und dies nicht nur für die Vorbereitung softwaregestützter Präsentationen.“
Die Kooperation mit der Uni Kassel ist einer von mehreren Schritten der Gesamtschule, den Umgang mit digitalen Medien verstärkt in den Schulalltag zu integrieren. „Medienkompetenz heißt für uns, dass nicht die Medien, sondern die lernenden Menschen im Vordergrund stehen. Sie sollen dazu befähigt werden, im Alltag und später im Beruf die Medien als Instrumente für ihre Interessen und Aufgaben einsetzen zu können – und nicht selbst zu Instrumenten der Medien zu werden“, erläutert Michael Morth.
Aber was motiviert Anna und Jan dazu, freiwillig die Mehrarbeit auf sich zu nehmen? „Es ist spannend, auf diese Weise die wissenschaftliche Arbeitsweise an der Universität ein wenig kennen zu lernen“, erklärt Anna. Am Ende sind sich beide einig, dass sich die Erfahrung gelohnt hat. Sie freuen sich schon auf den Rhetorikkurs, den Felix Woitkowski mit ihnen und allen anderen Präsentationstandems im neuen Jahr durchführen wird. Dann wollen sie auch mehr über die Ergebnisse der Studie erfahren. (WeK)